Regeln zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis bei GSI und Verfahren bei wissenschaftlichem Fehlverhalten

Stand: 16. Juni 2005

Präambel

Das Präsidium der Deutschen Forschungsgemeinschaft hatte im Jahr 1997 eine international zusammengesetzte Kommission "Selbstkontrolle in der Wissenschaft" einberufen. Diese Kommission hat im Januar 1998 Vorschläge zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis vorgelegt. Die Empfehlungen richten sich an die Deutsche Forschungsgemeinschaft und andere Einrichtungen der Forschungsförderung sowie an Einrichtungen der Wissenschaft, an Hochschulen und außeruniversitäre Forschungs-einrichtungen.

Die Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren (HGF) hat auf der Grundlage dieser Vorschläge Regeln zur "Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis und Verfahren bei wissenschaftlichem Fehlverhalten" vorgelegt, die von der Mitgliederversammlung am 9. September 1998 beschlossen wurden. Die rechtlich selbständigen Mitgliedseinrichtungen der Helmholtz- Gemeinschaft wurden gebeten, diese Regeln unter Berücksichtigung ihrer Besonderheiten auszufüllen und erforderliche Beschlüsse der zuständigen Gremien herbeizuführen.

Das Wissenschaftliche Direktorium der GSI hat sich die von der HGF beschlossenen Regeln sowie die komplette Regelung der DFG zu eigen gemacht und nach eingehender Diskussion am 17.2.1999 beschlossen, das HGF-Papier vom 9.9.1998 und die Empfehlung der Deutschen Forschungsgemeinschaft "Vorschläge zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis" vom 6.7.1998 vollständig und unmittelbar für die GSI für verbindlich zu erklären. Der Wissenschaftlichen Rat und Aufsichtsrat wurden hierüber unterrichtet.

Nachdem wir von der HGF aufmerksam gemacht wurden, dass die Kultusministerkonferenz gefordert hat, eigene Regeln zu erlassen, kommt die GSI diesen Aufforderungen unverzüglich nach. Sie hält sich dabei eng an die Empfehlungen von DFG und HRK vom 6.7.1998.

Die GSI sieht in den Vorschlägen der DFG und der HGF eine gute Grundlage für die Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis und zum Verfahren bei wissenschaftlichem Fehlverhalten.
Im folgenden werden Grundsätze, Verfahren und Verantwortlichkeiten für die GSI definiert. Sofern keine Aussagen zu speziellen Aspekten gemacht werden, übernimmt die GSI die von DFG und HGF formulierten Regeln direkt.


Grundsätze

Die gute wissenschaftliche Praxis an der GSI wird insbesondere an folgenden Aspekten und Grundsätzen festgemacht:

  • Exzellenz, Innovation, Originalität und Qualität
  • Einhaltung der einschlägigen Gesetze und Regelungen
  • Verantwortungsbewusstsein für die wissenschaftliche Arbeit
  • Nachvollziehbare Dokumentation und Veröffentlichung der Ergebnisse
  • Kritische Bewertung der eigenen wissenschaftlichen Arbeit hinsichtlich Verfahren, Ergebnissen, bekannter relevanter wissenschaftlicher Arbeiten anderer und Konsequenzen
  • Archivierung
  • Umsetzung des Grundsatzes der Einheit von Forschung und Lehre
  • Berücksichtigung der Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis bei Ehrungen, Besetzungen, Fördermaßnahmen, Mittelzuweisung etc...

Regel 1

Die Mitgliedseinrichtungen der Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren (HGF) definieren - unter Berücksichtigung internationaler und nationaler Vorarbeiten - für ihren Bereich Regeln guter wissenschaftlicher Praxis und erklären sie zur Grundlage ihrer Forschungspolitik.


Abweichungen von der so definierten guten wissenschaftlichen Praxis sind als wissenschaftliches Fehlverhalten anzusehen.


Als wissenschaftliches Fehlverhalten kommt insbesondere in Betracht:

  • Erfinden und Verfälschen von Daten;
  • Falschangaben bei Bewerbungen, Förderanträgen, Publikationen etc.;
  • Verletzung geistigen Eigentums durch
    • unbefugte Verwertung unter Anmaßung der Autorenschaft (Plagiat) sowie Anmaßung oder unbegründete Annahme wissenschaftlicher Autoren- oder Mitautorenschaft
    • Ausbeutung von fremden nicht veröffentlichten wissenschaftlichen Ideen oder Forschungsansätzen (Ideendiebstahl)
    • Veröffentlichen oder Zugänglichmachen ohne Zustimmung des Berechtigten;
  • Beschädigung, Zerstörung oder Manipulation wissenschaftlicher Versuchsanordnungen.

Für die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis bezieht GSI sich ergänzend auf die Denkschrift der Deutschen Forschungsgemeinschaft "Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis" von 1998 und eine ergänzende Erläuterung der DFG, die der GSI mit Schreiben vom 23.7.2001 übermittelt wurde. Diese Denkschrift der DFG kann in der GSI-Bibliothek eingesehen und ausgeliehen werden.


Bei Publikationen beschränkt sich der Zuständigkeitsbereich von GSI auf solche Forschungsgruppen, an denen GSI-Mitarbeiter als Autoren beteiligt sind, bei denen GSI als institutioneller Autor erscheint und einer Kontrolle durch die Geschäftsführung der GSI unterliegen. GSI ist insbesondere institutioneller Autor für alle orangefarbenen GSI-Berichte.


Jeder Autor trägt die volle Verantwortung für den Inhalt der jeweiligen Veröffentlichung, d.h. er kann sich nicht im Nachhinein vom Inhalt der Veröffentlichung distanzieren.


Im Falle von Beschädigungen oder Manipulationen von Geräten, Software, Datenbanken, wissenschaftlichen Unterlagen usw. auf dem GSI-Gelände, wird auf jeden Fall eine Untersuchung durch GSI erfolgen, unter Berücksichtigung gesetzlicher Vorschriften.


Ergänzend wird für die GSI - neben den im HGF-Papier genannten Regeln - auf folgende Punkte zur Beachtung hingewiesen:

  • Ausschluss von Ehrenautorenschaften (siehe Empfehlung 11 der DFG)
  • Vorrang von Originalität und Qualität vor Quantität bei Bewertung wissenschaftlicher Leistungen (siehe Empfehlung 6).
  • Sicherung einer angemessenen Organisation der wissenschaftlichen Arbeitseinheiten mit klarer Regelung von Leistung, Aufsicht, Konfliktregelung und Qualitätssicherung (siehe Empfehlung 3).

Regel 2

Den Mitgliedseinrichtungen obliegt eine besondere Verantwortung für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Diese Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis werden ihm nahegebracht. Für den wissenschaftlichen Nachwuchs wird eine angemessene Betreuung gesichert. Für Konfliktfälle sollen eine oder mehrere Vertrauenspersonen bestellt werden.


Unter wissenschaftlichem Nachwuchs werden von GSI bezahlte Doktoranden und Postdoktoranden verstanden. Für Konfliktfälle stehen die in Regel 4 vorgesehenen Vertrauenspersonen zur Verfügung.

Regel 3

Primärdaten, die Grundlage einer wissenschaftlichen Veröffentlichung sind, werden auf haltbaren und gesicherten Trägern der Einrichtung, in der sie entstanden sind, mindestens 10 Jahre aufbewahrt.


Die 10-Jahresfrist beginnt mit Veröffentlichung der Daten. Aus praktischen Gründen, kann diese Regel nur auf solche wissenschaftlichen Daten angewandt werden, die bei GSI gespeichert werden. Werden Daten außerhalb von GSI gespeichert, was im Bereich der Forschung am Beschleuniger in hohem Maße die Regel ist, so ist das betreffende Institut entsprechend den Richtlinien der DFG verantwortlich. Hierauf wird in den Kollaborationsverträgen künftig hingewiesen.

Regel 4

Im Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens orientieren sich die Mitgliedseinrichtungen an folgenden Eckpunkten; im übrigen soll die Empfehlung 8 der Deutschen Forschungsgemeinschaft als Orientierungs-rahmen dienen.

 

  1. Für Fragen wissenschaftlichen Fehlverhaltens sollen ein oder mehrere Ansprechpartner benannt werden. Er (Sie) soll(en) eine leitende Stellung einnehmen und in dieser Aufgabe unabhängig wirken.

    Das Wissenschaftliche Direktorium benennt als Ansprechpartner eine Vertrauensperson und ihren Stellvertreter. Es sind der/die Vorsitzende des Wissenschaftlichen Ausschusses sowie dessen/deren Stellvertreter/in. Die beiden Personen müssen vom Wissenschaftlichen Rat und vom Wissenschaftlichen Ausschuss bestätigt werden. Die Namen der Personen werden in geeigneter Weise bekannt gemacht.
     
  2. Bei Verdachtsmomenten für wissenschaftliches Fehlverhalten soll der Ansprechpartner (Ziffer 1) unterrichtet werden. Dieser ergreift ihm geeignet erscheinende Schritte zur Aufklärung des Sachverhalts. Der Ansprechpartner unterrichtet gleichzeitig den wissenschaftlichen Repräsentanten der Mitgliedseinrichtung.

    Für die GSI gilt folgendes Verfahren:

    a. Falls der Vertrauensperson Verdachtsmomente für wissenschaftliches Fehlverhalten zur Kenntnis gelangen, ergreift sie geeignet erscheinende Schritte zur Aufklärung des Sachverhalts. Sie entscheidet unter Beachtung von Regel 1, ob der Fall weiter verfolgt werden soll. Der Name eines evtl. Informanten darf dabei nur mit dessen Einwilligung genannt werden.

    b. Der Antrag auf Überprüfung eines Falles von wissenschaftlichem Fehlverhalten kann an die Geschäftsleitung oder die Vertrauensperson gerichtet werden.

    c. Die Vertrauensperson führt eine Vorprüfung des Falles durch. Die Vertrauensperson kann bei konkreten Verdachtsmomenten die Betroffenen (Antragsteller, vom Verdacht Betroffene) anhören. Die Vertrauensperson entscheidet über weitere Schritte bzw. Einstellung des Verfahrens.

    Falls eine Untersuchung angebracht erscheint, unterrichtet die Vertrauensperson die Geschäftsführung.
     

  3. Der Vorstand/die Geschäftsführung entscheidet auf der Grundlage eines Berichtes des Ansprechpartners über das weitere Vorgehen.

    Die Geschäftsführung entscheidet über das weitere Vorgehen.
     

  4. Im Falle einer weiteren Sachaufklärung kann der Vorstand/die Geschäftsführung eine Untersuchungskommission einsetzen, deren Beratungen nicht öffentlich sind. Den Vorsitz soll eine Person führen, auf die sich die HGF-Einrichtungen einigen. Diese soll nicht der HGF angehören.

    Im Fall einer weiteren Aufklärung setzt das Wissenschaftliche Direktorium eine Kommission ein, deren Beratung nicht öffentlich ist. Ihre Mitglieder sollen nach Möglichkeit keine GSI-Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen sein. Die Vertrauensperson nimmt als Gast teil. Den Vorsitz soll die für alle HGF-Einrichtungen eingesetzte Persönlichkeit haben. Die beschuldigte Person oder Gruppe hat das Recht auf Anhörung.

    Sofern die Vorprüfung konkrete Verdachtsmomente ergibt und eine weitere Untersuchung durch die Vertrauensperson entschieden wurde, wird der Geschäftsführung die Eröffnung des förmlichen Untersuchungsverfahrens mitgeteilt. Die Vertrauensperson schaltet die vom Wissenschaftlichen Direktorium benannte Kommission ein. Diese ist für die Untersuchung verantwortlich und kann alle für die Untersuchung erforderlichen Schritte, insbesondere auch die Einschaltung externer Gutachter einleiten. Die Vertrauensperson gehört der Kommission mit beratender Stimme an.

    Die Vertrauensperson identifiziert alle diejenigen Personen, die in den Fall involviert sind und berät die u.U. durch das Fehlverhalten betroffenen Personen, die unverschuldet verwickelt wurden.

    Die Kommission berät in nichtöffentlicher Verhandlung. Dem/der vom Verdacht betroffenen Wissenschaftler/in ist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Hält die Kommission ein Fehlverhalten für nicht erwiesen, wird das Verfahren eingestellt. Hält die Kommission ein Fehlverhalten für erwiesen, legt sie das Ergebnis mit Vorschlägen für das weitere Vorgehen und evtl. Maßnahmen der Geschäftsführung vor.

    Die Unterlagen der förmlichen Untersuchung werden 30 Jahre archiviert.
     

  5. Die Untersuchungskommission legt dem Vorstand/der Geschäftsführung der Mitgliedseinrichtung einen schriftlichen Abschlußbericht vor. Der Vorstand/die Geschäftsführung ergreift die notwendigen Maßnahmen.

    Die Untersuchungskommission legt der Geschäftsführung und dem Wissenschaftlichen Direktorium einen schriftlichen Abschlussbericht vor. Die beschuldigte Gruppe kann hierzu eine Stellungnahme abgeben. Die Geschäftsführung leitet bei entsprechendem Ausgang der förmlichen Untersuchung gegen die für das Fehlverhalten Verantwortlichen auf der Grundlage der Kommissionsempfehlungen Maßnahmen ein, die sowohl den Aspekt der Verhinderung erneuten Fehlverhaltens als auch eine persönliche Ahndung beinhalten können. Gegebenenfalls werden durch die zuständigen Organe weitergehende Maßnahmen arbeits-, zivil, disziplinar-, straf- oder ordnungsrechtlicher Natur mit entsprechenden Verfahren eingeleitet. Bei Einstellung hat der Antragsteller innerhalb von zwei Wochen das Recht auf Vorsprache in der Kommission.

 

Im Falle von Diskrepanzen in den Auffassungen über das Vorgehen zwischen Vertrauensperson und Geschäftsführung/Wissenschaftlichem Direktorium kann die Vertrauensperson den Wissenschaftlichen Rat von GSI anrufen.

 

 

 

 


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