Auf der Jagd nach Hyperkernen: Der WASA-Detektor bei GSI/FAIR

21.10.2021

Mit dem WASA-Detektor wird bei GSI/FAIR gerade ein besonderes Instrument aufgebaut. In der kommenden Experimentierzeit der FAIR-Phase 0 in 2022 sollen damit am Fragmentseparator FRS sogenannte Hyperkerne erzeugt und untersucht werden. Dazu wird der tonnenschwere Aufbau in einer aufwändigen Prozedur in die Forschungsanlage eingebaut. Die wissenschaftliche Bedeutung der geplanten Experimente mit Hyperkernen zeigt auch ein aktueller Übersichtsartikel in der Fachzeitschrift „Nature Reviews Physics“, an dem GSI/FAIR-Forschende federführend beteiligt sind.

Ganz besonderen exotischen Atomkernen wollen die Wissenschaftler*innen in der kommenden Experimentierzeit nachjagen: sogenannten Hyperkernen. Gewöhnliche Atomkerne bestehen aus Protonen und Neutronen, die sich wiederum aus insgesamt drei Up- und Down-Quarks zusammensetzen. Ersetzt man eins der Quarks durch eine andere Sorte, nämlich durch ein Strange-Quark, erhält man ein Hyperon. Atomkerne, in denen ein oder mehrere Hyperonen eingebaut sind, heißen Hyperkerne. Sie lassen sich mithilfe von Teilchenkollisionen an Beschleunigern erzeugen. Anschließend können ihre Zerfälle in Messaufbauten wie dem WASA-Detektor und dem FRS beobachtet und ihre Eigenschaften im Detail untersucht werden.

Professor Takehiko Saito, leitender Wissenschaftler aus der GSI/FAIR-Forschungssäule NUSTAR, ist Erstautor der Veröffentlichung „New directions in hypernuclear physics“ (dt. Neue Wege in der Hyperkern-Physik) in der Fachzeitschrift „Nature Reviews Physics“, in der bisherige Ergebnisse, offene Fragen und neue Möglichkeiten im Bereich der Hyperkernforschung aufgezeigt werden. „Die Hyperkerne könnten Licht auf die Vorgänge im Inneren von Neutronensternen werfen. Nach aktuellen Vorhersagen sollten Hyperkerne dort sehr zahlreich vorkommen. Allerdings sind einige ihrer Eigenschaften noch nicht hinreichend genau bekannt. Unter anderem wollen die Forschenden in den geplanten Experimenten die Bindungsenergie und die Lebensdauern von verschiedenen Hyperkernen genauer bestimmen sowie neue Variationen entdecken“, berichtet Saito. „Dazu hat das schon früher bei GSI/FAIR durchgeführte HypHI-Experiment bereits entscheidende Vorarbeiten geleistet, stieß nun aber an seine Grenzen. Die Kombination aus WASA und FRS verspricht verbesserte Ergebnisse und Informationen zu liefern. Der Detektor hat eine höhere Nachweiseffizienz für die Messung aller Zerfallsprodukte der Hyperkerne. In Zukunft wird auch die FAIR-Anlage, die gerade errichtet wird, umfassende neue Möglichkeiten zur Erforschung der Hyperkerne eröffnen.“

WASA steht für „Wide Angle Shower Apparatus”, auf Deutsch: Weitwinkel-Apparat für (Teilchen-)Schauer. Das Design erlaubt die Verfolgung einer großen Anzahl von Teilchenspuren aus hochenergetischen Kernkollisionen. So ist das Instrument dann auch eine riesige, fast geschlossene Kugel, die innen mit einer Vielzahl von Messgeräten bestückt ist, die teils wie Stacheln nach außen ragen. Sie bestehen aus Szintillations- und Gasdetektoren, die geladene und neutrale Teilchen nachweisen können. Im Inneren steckt ein supraleitender Solenoid-Magnet, der mit flüssigem Helium auf vier Kelvin abgekühlt werden muss. Die meisten Teile des Detektors werden derzeit durch die internationale WASA@FRS-Kollaboration modernisiert. Einen großen Anteil an der Entwicklung und den Verbesserungen des Detektors trägt dabei das japanische Team der Kollaboration.

Verantwortlich für den technischen Aufbau des WASA-Detektors am FRS sind die beiden NUSTAR-Ingenieure Tobias Weber und Philipp Schwarz. „Aufgrund der engen räumlichen Gegebenheiten war der kompakte und leistungsfähige WASA-Detektor die beste Wahl für das Experiment am FRS“, erläutert Weber. „Wir mussten dazu Teile des FRS ausbauen, um Platz für WASA freizuräumen.“ Schwarz ergänzt: „Um den Detektor an seinen Einsatzort zu bringen, mussten wir die tonnenschweren, aber höchst empfindlichen Komponenten des Detektors mittels mehrerer Deckenkräne vorsichtig quer durch unsere Experimentierhallen transportieren. Bisher hat alles gut und dem Zeitplan entsprechend geklappt. Demnächst können wir die Inbetriebnahme am FRS starten, damit für die Experimente nächstes Jahr alles bereit ist.“

Vor dem Einbau bei GSI/FAIR hat WASA schon einige Einsätze hinter sich gebracht. Der Aufbau wurde ursprünglich am Svedberg-Labor in Schweden und später am COSY-Ring des Forschungszentrums Jülich genutzt. Auch die Nutzung am FRS ist nur temporär. Im Anschluss an die Experimente wird er ausgebaut, so dass der FRS wieder bereit für weitere NUSTAR-Experimente zur Untersuchung exotischer Nuklide ist. (CP)

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