Italienisch-deutsche Wissenschaftskooperation: CNAO in Pavia erhält Fördermittel von über 385.000 Euro für gemeinsames Forschungsprojekt mit GSI in Darmstadt

05.12.2023

Diese News basiert auf einer Pressemitteilung des Nationalen Zentrums für onkologische Hadronentherapie CNAO, Pavia, Italien.

Zwei der führenden europäischen Zentren für die Erforschung und Anwendung schwerer Teilchen in der Onkologie werden sich im Rahmen des Projekts „CROSS“ zusammentun, um zum ersten Mal in einem lebenden Organismus zu untersuchen, ob die Sequenz von Kohlenstoffionen gefolgt von Photonen bei der Behandlung strahlenresistenter Tumoren wirksamer ist als die umgekehrte Bestrahlungsreihenfolge. Die Studie ist Teil einer langjährigen Zusammenarbeit, in deren Rahmen das Nationale Zentrum für onkologische Hadronentherapie CNAO in Pavia und das GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt an verschiedenen anderen gemeinsamen Forschungsprojekten beteiligt sind.

CNAO hat vom italienischen Ministerium für auswärtige Angelegenheiten und internationale Zusammenarbeit (MAECI) einen Zuschuss in Höhe von 385.600 Euro im Rahmen einer Ausschreibung erhalten, die darauf abzielt, italienischen Forschenden den Zugang zu bestimmten wissenschaftlichen Spitzeninfrastrukturen in Deutschland zu erleichtern, die in Italien so nicht zur Verfügung stehen. Dank des Zuschusses wird eine Gruppe von CNAO-Forschenden Zugang zum GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt erhalten, einem weltweit führenden Zentrum für radiobiologische Forschung, das über eine Beschleunigeranlage verfügt, die auch für die Durchführung von In-vivo-Experimenten ausgerüstet ist. Die CNAO-Wissenschaftler*innen werden vom Team von Professor Marco Durante, Direktor der GSI-Abteilung Biophysik und einer der international führenden Experten für Strahlenbiologie und medizinische Physik, betreut und unterstützt.

Das Forschungsprojekt, für das der MAECI-Zuschuss gewährt wurde, heißt “CROSS” (“Combination of X-Ray and Carbon-iOns for radioresiStant tumorS”) und zielt darauf ab, in einem Mausmodell des Osteosarkoms, eines strahlenresistenten Tumors, zu untersuchen, ob die Mixed-beam-Strahlentherapie mit Kohlenstoffionen gefolgt von Photonen wirksamer ist als die umgekehrte Sequenz (Photonen gefolgt von Kohlenstoffionen).

„Es gibt verschiedene klinische Erfahrungen mit der Behandlung von strahlenresistenten Tumoren mit gemischten Strahlen“, erklärt Amelia Barcellini, Hauptforscherin der Studie, Strahlentherapeutin am CNAO und Doktorandin an der Universität Pavia im Studiengang Experimentelle Medizin. „Bei dieser Art von Neoplasien (Neubildung von Körpergewebe) wird in der klinischen Praxis ein früher Boost mit Kohlenstoffionen vor der Behandlung mit Photonen bevorzugt, um die strahlenbiologischen Vorteile der Partikel zu nutzen und so die Empfindlichkeit des Tumors für den zweiten Teil der Strahlentherapie mit Photonen zu erhöhen. Die derzeitigen präklinischen Daten reichen jedoch nicht aus, um zu beweisen, dass diese Sequenz die bessere ist. CROSS wird zum ersten Mal in einem In-vivo-Experiment den Unterschied zwischen den beiden Sequenzen (Kohlenstoff-Ionen + Röntgenstrahlen gegenüber Röntgenstrahlen + Kohlenstoff-Ionen) in Bezug auf Tumorreaktion, Immunogenität, Hypoxie und Toxizität bewerten.“

„Unsere Hypothese ist, dass der Einsatz von Kohlenstoffionen zu Beginn der Behandlung die wirksamste Strategie ist“, sagt Angelica Facoetti, Leiterin der experimentellen Radiobiologie am CNAO. „Die in vitro gewonnenen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Kohlenstoffionen durch die Stimulierung der Anti-Tumor-Aktivität des Immunsystems, die Verursachung nicht reparabler DNA-Schäden an neoplastischen Zellen und die Förderung der zellulären Re-Oxygenierung den Weg 'ebnen' und die Wirkung der nachfolgenden Röntgenbestrahlung optimieren könnten.“

„Die Zusammenarbeit mit CNAO ist für die Abteilung Biophysik der GSI von strategischer Bedeutung und stellt eine Win-Win-Situation dar: Wir verfügen über die bestmögliche Forschungsinfrastruktur, während CNAO ein fortschrittliches klinisches Zentrum für die Kohlenstoffionenbehandlung ist“, betont Professor Marco Durante. „Im Rahmen des CROSS-Projekts werden wir versuchen, eine einfache Frage zu beantworten: Wenn Patient*innen mit einem herkömmlichen fraktionierten Röntgenstrahl und einem Kohlenstoffionen-Boost behandelt werden, ist es dann besser, den Boost vor oder nach den Röntgenstrahlen anzuwenden? Obwohl der Boost manchmal am Ende verabreicht wird, haben wir Grund zu der Annahme, dass es besser ist, mit Kohlenstoff zu beginnen, da er eine starke Reoxygenierung auslösen kann. Das Experiment wird bereits im Februar 2024 im Rahmen der Strahlzeit FAIR-Phase 0 laufen, und wir erwarten spannende Ergebnisse mit großem Umsetzungspotenzial für die klinische Tätigkeit des CNAO. Gemeinsam können wir herausragende Ergebnisse von internationaler Bedeutung erzielen, die nicht nur Europa, sondern der ganzen Welt im Kampf gegen den Krebs zugute kommen werden.“

CNAO und GSI arbeiten seit der Gründung des Zentrums in Pavia aktiv im Bereich der wissenschaftlichen Forschung zusammen. Beide nehmen an dem Projekt HITRIplus (Heavy Ion Therapy Research Integration Plus) teil, das vom Programm Horizont 2020 der Europäischen Union finanziert wird und dessen Koordinator das CNAO ist. Zu den zahlreichen anderen Kooperationen, an denen die beiden Partner beteiligt sind, gehört das FOOT-Experiment (FragmentatiOn Of Target), dessen Ziel es ist, zu analysieren, wie Protonen und Kohlenstoffionen Kerne im menschlichen Körper fragmentieren und so Krebszellen schädigen und abtöten.

Dank des CROSS-Projekts und des erhaltenen Zuschusses haben CNAO und GSI ein neues präklinisches Forschungskonsortium gegründet, das die multidisziplinäre Zusammenarbeit von Strahlenbiologie, Biophysik und Medizin bei der Behandlung von Tumoren mit schweren Ionen ermöglichen wird. Dadurch können wichtige Fortschritte auf dem Gebiet der Strahlentherapie mit gemischten Strahlen erzielt werden. (CNAO/BP)

Weitere Informationen

CNAO, Nationales Zentrum für onkologische Hadronentherapie

Projekt HITRIPlus: Heavy Ion Therapy Research Integration

FOOT-Experiment FragmentatiOn Of Target

 



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