Gedenkkolloquium und Preisverleihung: Erinnerung an Professor Gerhard Kraft - Drei junge Forschende erhalten Christoph-Schmelzer-Preis

21.11.2023

Es war die Würdigung einer außergewöhnlichen Lebensleistung und zugleich ein Ansporn für den wissenschaftlichen Nachwuchs: Mit einem feierlichen Gedenkkolloquium auf dem GSI/FAIR-Campus in Darmstadt ehrte die GSI-Abteilung Biophysik den in März 2023 verstorbenen Biophysik-Professor Gerhard Kraft. Damit verbunden war auch die jährliche Verleihung des Christoph-Schmelzer-Preises an drei junge Forschende. Der Preis ging an Dr. Jonathan Berthold von der Technischen Universität Dresden und Dr. Vivek Maradia von der ETH Zürich für ihre Dissertationen sowie an Luisa Schweins von der Universität Heidelberg für ihre Masterarbeit.

Das Gedenkkolloquium am 20.11.2023 würdigte noch einmal das große wissenschaftliche Vermächtnis des Biophysikers und Pioniers der modernen Schwerionentherapie, Professor Gerhard Kraft. Der Initiator und entscheidende Wegbereiter der Tumortherapie mit Ionenstrahlen hatte Anfang der 1980er Jahre die biophysikalische Forschungsabteilung bei GSI aufgebaut, deren Leiter er von 1981 bis 2008 war. Für seine besonderen Verdienste vor allem in der Krebsforschung und der Schwerionentherapie erhielt der weltweit anerkannte Forscher zahlreiche hochrangige nationale und internationale Auszeichnungen und Ehrungen. Er starb am 18. März 2023. Die Gedenkveranstaltung wurde von der GSI-Abteilung Biophysik organisiert, der Abteilung, die er gegründet hat und die er zuvor leitete, und an der viele Kolleg*innen aus aller Welt und die Familie von Professor Kraft teilnahmen. Seine Frau Wilma Kraft-Weyrather hatte viele Jahre mit ihrem Mann bei GSI zusammengearbeitet und maßgeblich zum Erfolg des Therapieprojekts beigetragen.

Eröffnet wurde das Sonderkolloquium vom wissenschaftlichen Geschäftsführer von GSI/FAIR, Professor Paolo Giubellino, und dem derzeitigen Leiter der Abteilung Biophysik und Nachfolger von Gerhard Kraft, Professor Marco Durante. Professor Marco Durante sagte: „Gerhard Kraft war ein Pionier und ein Visionär. Seine Arbeit hat dazu beigetragen, viele Leben zu retten und den Namen GSI weltweit bekannt zu machen." Professor Paolo Giubellino hob hervor: „Gerhard Kraft war ein herausragender Wissenschaftler, der national und international höchstes Ansehen genossen hat und das wissenschaftliche Renommee von GSI und FAIR entscheidend mitgestaltet hat. Seine Forschungen sind hoch relevant für die Gesellschaft.“

Den Gedenkvortrag hielt Professor Jürgen Debus, Universität Heidelberg. Danach hatten Forschungskolleg*innen und Weggefährt*innen die Gelegenheit, ihre Erinnerungen an Professor Gerhard Kraft in kurzen Vorträgen zu teilen. Die Redner*innen betonten seine Bedeutung als menschlich und fachlich herausragende Persönlichkeit.

Nach der Mittagspause wurde die Veranstaltung mit der Verleihung des Christoph-Schmelzer-Preises fortgesetzt, der vom Verein zur Förderung der Tumortherapie mit schweren Ionen jährlich verliehen wird. Dies wäre ganz im Sinne Professor Krafts gewesen: Sein ganzes Forscherleben lang hatte er sich unermüdlich der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses gewidmet und deutlich mehr als hundert Abschlussarbeiten betreut. Die Verleihung des Schmelzerpreises war jedes Jahr ein wichtiges Anliegen für ihn. Seinen letzten öffentlichen Vortrag hielt Professor Kraft bei der Verleihung des Schmelzer-Preises 2022.

Nach der Begrüßung durch Dr. Hartmut Eickhoff, Vorsitzender des Fördervereins, sprach Professor Marco Durante das Grußwort zum 25. Christoph-Schmelzer-Preis. Selbst weltweit anerkannter Experte auf dem Gebiet der Strahlenbiologie und der medizinischen Physik, hatte er erst vor kurzem den ihm verliehenen Henry-Kaplan-Preis, der als höchste Auszeichnung der Strahlentherapie gilt, Professor Gerhard Kraft gewidmet.

Mit der Verleihung des Christoph-Schmelzer-Preises prämiert der Verein zur Förderung der Tumortherapie mit schweren Ionen e.V. jedes Jahr herausragende Master- und Promotionsarbeiten auf dem Gebiet der Tumortherapie mit Ionenstrahlen. Preisträger Dr Jonathan Berthold erhält den Preis für seine Dissertation mit dem Titel „„Evaluierung eines Detektorsystems für prompte Gammastrahlung zur Behandlungskontrolle bei klinischen Protonentherapiebestrahlungen”. Darin befasst er sich mit der Nutzung von Gammastrahlung, die durch Wechselwirkung der Protonenstrahlen mit dem bestrahlten Gewebe erzeugt werden, zur Verifikation der räumlichen Verteilung der Dosis.

Dr. Vivek Maradia hat sich für seine Arbeit mit dem Dissertationsthema „Ultra-fast treatment delivery to enhance the potential of proton therapy“ mit der Beschleunigeroptimierung befasst und damit eine deutliche Erhöhung der Strahlintensität ermöglicht. Dies erlaubt eine signifikante Reduzierung der Bestrahlungszeit, die insbesondere auch für die bessere Behandlung bewegter Tumore relevant ist.

Luisa Schweins erhält den Preis für ihre Masterarbeit mit dem Titel “Implementation and Evaluation of Monte Carlo Simulations for Carbon-Ion Radiotherapy Monitoring“. Sie hat sich mit der Simulation eines neuartigen Detektorsystems zur Überwachung der Strahlapplikation befasst und diese Simulationen anhand experimenteller Studien validiert.

Das Preisgeld für die Dissertationen beträgt jeweils 1500 Euro, für Masterarbeiten 750 Euro. Benannt ist die Auszeichnung nach Professor Christoph Schmelzer, dem Mitbegründer und ersten Wissenschaftlichen Geschäftsführer von GSI. Die Nachwuchsförderung auf dem Gebiet der Tumortherapie mit Ionenstrahlen hat eine langjährige Kontinuität, bereits zum 25. Mal wurde der Preis nun vergeben. Die Themen der ausgezeichneten, wissenschaftlichen Arbeiten sind von grundlegender Bedeutung für die Weiterentwicklung der Ionenstrahltherapie, da die Ergebnisse der prämierten Arbeiten oftmals Einzug in die klinische Anwendung finden. (BP)

Über den Förderverein

Der Verein zur Förderung der Tumortherapie unterstützt Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet der Tumortherapie mit schweren Ionen mit dem Ziel, die Behandlung von Tumoren zu verbessern und der allgemeinen Patientenversorgung zur Verfügung zu stellen. An der Beschleunigeranlage bei GSI wurden im Rahmen eines Pilotprojekts von 1997 bis 2008 über 400 Patient*innen mit Tumoren im Kopf- und Halsbereich mit Ionenstrahlen behandelt. Die Heilungsraten dieser Methode liegen zum Teil bei über 90 Prozent, und die Nebenwirkungen sind sehr gering. Der Erfolg des Pilotprojektes führte zum Aufbau klinischer Ionenstrahltherapiezentren in Heidelberg und Marburg, an denen nun routinemäßig mit schweren Ionen behandelt werden kann.

Weiterführende Informationen

Verein zur Förderung der Tumortherapie mit schweren Ionen e.V.

Technische Universität Dresden

ETH Zürich

Universität Heidelberg

 

 



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