Großer Fortschritt am Ringbeschleuniger SIS18: Erstmals Booster-Betrieb demonstriert
09.09.2022 |
Der Ringbeschleuniger SIS18 auf dem Campus bei GSI/FAIR leistet seit Jahren Powerarbeit bei der Beschleunigung von Ionen. Derzeit wird er aufgerüstet für die zentrale Aufgabe, die er für das künftige Beschleunigerzentrum FAIR übernehmen wird: Er wird als Injektor für den großen FAIR-Ringbeschleuniger SIS100 dienen, dem Herzstück der FAIR-Anlage, die derzeit bei GSI entsteht. Zum ersten Mal konnte nun ein Booster-Betrieb am SIS18 realisiert werden, mit dem die hohe Wiederholrate erreicht wurde, die in Zukunft zum Erreichen der höchsten Intensitäten bei FAIR notwendig ist.
Mit den zukünftigen Anforderungen für FAIR wird sich die Betriebsweise des SIS18 grundsätzlich vom bisherigen Betrieb zur Belieferung von Experimenten unterscheiden: Um die geplanten höchsten Intensitäten im fünfmal längeren SIS100 zu erzielen, muss das SIS18 innerhalb einer Sekunde viermal den Ionenstrahl beschleunigen und extrahieren. Daraus ergibt sich eine Wiederholrate von 2,7 Hertz. Das ist deutlich größer als die im Experimentbetrieb bisher übliche Rate von maximal 1 Hertz. Der Betrieb mit den für FAIR vorgesehenen schweren Ionen mit niedrigen Ladungszuständen (nur mit ihnen kann man höchste Intensitäten erreichen) erhöht dabei die Anforderungen an die Geräte zusätzlich.
Um den Booster-Betrieb zu ermöglichen, der bisher zur Bedienung des laufenden Experimentierprogrammes bei GSI nicht erforderlich war, wurden in den vergangenen 15 Jahren verschiedene technische Veränderungen im Rahmen eines umfangreichen Upgrade-Programms vorgenommen. Dabei wurde insbesondere die Leistungsfähigkeit der Hauptstromversorgungen und der Hochfrequenz-Beschleunigungssysteme verbessert, um die für den Booster-Betrieb notwendige Verkürzung des Beschleunigungszyklus zu erreichen.
Die Realisierung der hohen Anstiegsrate des Magnetfeldes in den Umlenkmagneten des SIS18 von zehn Tesla pro Sekunde ist sehr anspruchsvoll, weil dafür der Magnetstrom mit einer Rate von 19 000 Ampere pro Sekunde auf einen Maximalstrom von 3500 Ampere gebracht werden muss. Dabei darf der durch das Netzgerät erzeugte Strom vom vorgegebenen Verlauf zu jedem Zeitpunkt nicht mehr als 0,01 Prozent abweichen. Diese Anforderungen lassen sich nur durch spezielle Netzgeräte mit herausragenden Regeleigenschaften erfüllen. Die Hochfrequenzanlagen des SIS18 wiederum wurden um eine Gruppe von breitbandigen MA-Kavitäten erweitert, die zusammen eine Beschleunigungsspannung von 40 Kilovolt im Frequenzbereich von 0,4 bis 1,6 Megahertz zur Verfügung stellen. Erst mit diesen Kavitäten kann die Energie niedrig geladener Schwerionen pro Umlauf ausreichend erhöht werden, um der schnellen Magnetrampe zu folgen.
Nimmt man alle Geräte zusammen, erreicht das SIS18 im Booster-Betrieb Pulsleistungen im Bereich von 50 Megawatt. Die Besonderheit des SIS18 ist dabei, dass es im Unterschied zu anderen sehr schnell gepulsten Synchrotrons nicht als Teil eines Schwingkreises aufgebaut ist und dadurch mit einer festen Wiederholfrequenz immer gleiche Pulse liefert. Vielmehr bietet es die Flexibilität, die Einstellungen aller Geräte zur Bedienung der verschiedenen Experimente von Zyklus zu Zyklus zu ändern.
Neben den technischen Anforderungen an die Geräte des SIS18 bringt der Booster-Betrieb aufgrund seiner hohen Wiederholrate auch neue Herausforderungen für die Systeme zur zeitlichen Ablaufsteuerung mit sich. So muss sichergestellt werden, dass die vier Injektionen aus dem Linearbeschleuniger UNILAC genau dann erfolgen, wenn das SIS18 für die Injektion bereit ist, ohne wie im Normalbetrieb an dieser Stelle warten zu müssen. Um den Booster-Betrieb zu demonstrieren, wurden die Steuerungssysteme daher so angepasst, dass die Injektionen mit einem bekannten Verfahren durchgeführt werden konnten, welches bisher bei der sogenannten „Multi-Multiturn-Injektion“ zum Einsatz kam. Mit diesem Zwischenschritt konnte erstmalig ein U28+-Strahl mit einer Wiederholrate von 2,3 Hertz beschleunigt und extrahiert werden.
Nach dieser ersten erfolgreichen Booster-Demonstration sind im nächsten Schritt für die routinemäßige Realisierung des Booster-Betriebes noch weitere umfangreiche Entwicklungen im Kontrollsystem für FAIR erforderlich. Insbesondere muss das Timing-System für den UNILAC erneuert werden, um den unabhängigen Parallelbetrieb des UNILAC mit denjenigen Randbedingungen zu vereinen, die sich durch die Synchronisierung mit dem SIS18 im Booster-Betrieb ergeben. (BP)